
Rote Winde bekennt hier, Freund der Schneehasen und Schneehühner zu sein, sowie der Birkhühner. Im Mai dieses Jahres haben die Urner:innen abgestimmt, ob die Männer weiterhin Schneehasen und Hühner abschiessen dürfen. Um diese danach auszustopfen und auf das Buffet zu stellen. Die Volksinitiative «Schneehuhn und Schneehase leben lassen» wurde mit 52,9 Prozent abgelehnt. Hinter der Initiative standen Tierschützer sowie linke und freisinnige Lokalpolitiker. Rote Winde mag die 47,1 Prozent Urnerinnen welche Nein gestimmt haben.
Göscheneralp 2016. Es war so, dass ich ein Felsband auszäunen musste. Zuerst hat es mich verwundert, als ich beim Ablaufen des für mich neuen Weidegebietes, an dieser Stelle Zaunmaterial in Form einiger Holzpfosten, dickem Draht und Stacheldraht vorfand. Natürlich, sagte ich mir, man will als Hirte nicht, dass Tiere da hineinweiden. Kurz darauf scheuchte ich Birkhühner auf. Diese Vögel mögen menschenleere Orte, und solche gab es auf dieser Alp nicht mehr allzuviele. Oberhalb thronte, wie man sagt, die SAC-Hütte Bergsee mit allerlei Animation, angeführt vom umtriebigen und legendären Hüttenwart. Kolonnen von Menschen, mehrheitlich Familien, mit Helmen auf ihre Rucksäcken geschnallt, zogen an meiner Hütte vorbei. Doch wie zuvor erwähnt, da auf der mit Felswänden durchsetzten Weide um den Bergstaffel herum, war nie jemand anzutreffen. Ruhe. Für mich und die Birkhühner. Als ich zwei Tage später, diesmal mit einer Axt in der Hand, hinaufging, traf ich auf ein jüngeres, sportlich gekleidetes Pärchen. Ich war erstaunt. Sie richten jetzt da eine Kletterroute ein, meinen sie. Ich sage ihnen in etwa, was ich gleich vorher hier geschrieben habe. Ein verhaltenes Lächeln. Natürlich sind sie cool, freundlich. Lassen sich nicht stören.
Es gibt auf dieser Alp gleich um die Ecke bei der untersten Hütte solche Kletterrouten und auf der Ebene bei den Fischweihern ebenso. Es hat mich da nicht gestört, denn es war alles in Dorfnähe und unweit des Campingplatzes.
Ich bin nun 9 Jahre danach auf diese Abstimmungsresultate gestossen. Und da kam die Frage auf, wie es den meinen Birkhühnern auf der Göscheneralp wohl so gehe. Resultat: weitere zwei Felswände wurden erobert und insgesamt 45 Routen erstellt. Dabei erwähne ich hier nur diejenigen im Birkhuhngebiet. Weiter auswärts wurden noch einmal zwei Wände mit Hacken bestückt. Man hat also das ganze Gebiet eingenommen.
Was sind das für Menschen. Burn out, esay living, cool corona, come in peace, mountain rasta, one bright day, kingston town zum einen, also Rastafaras obwohl die beiden gegenteilig daherkamen, dann aber: la guerre du diable, liquid lunch, mindblower, rookiemonster. Man weiss da nicht so recht, woran man ist. They are drathig.
Es gibt da eine Problematik. Schon 2013 schreibt Melanie Keim in der ZEIT: „Kletterer wollen nicht teilen. Ihre Lieblingsrouten in den Alpen hüten sie wie ein Staatsgeheimnis. Für unsere Autorin machten sie eine Ausnahme.» Dem sei entgegengesetzt: Bereits nach der Alpzeit war diese Felswand unter dem irritierenden Namen «Griesalp» im Internet und heute sind alle fünf Feldwände ausführlich beschrieben, inklusive Kartenausschnitten mit blau eingezeichneten Wegen, welche es da allerdings nicht gibt.
«Einer, der seit Langem davor warnt, dass zu viele Routen öffentlich zugänglich gemacht würden, ist René Schweizer. Der drahtige Kletterer hat in der Zentralschweiz rund 400 Routen eingerichtet, darunter den Großteil der umkämpften Routen am Pilatus. Veröffentlicht wurde allerdings nur ein kleiner Teil davon und dies nicht nur, um Kletterverbote zu vermeiden. "Ich habe die Gebiete nicht veröffentlicht, weil ich keine Lust hatte, meine Routen auf dem Präsentierteller zu servieren. Wenn jemand in die Gebiete will, dann soll er die Informationen eben auch suchen, wie wir die Felsen gesucht haben», sagt René Schweizer.»
René war wohl der Mann, den ich damals antraf. Es sieht so aus würden diese Männer tatsächlich so etwas wie einen Eigentumsanspruch erheben. Dazu in der ZEIT Sandro von Känel, Autor der Sportkletterfibel Plaisir : Obwohl er viele unveröffentlichte Gebiete gut kennt und als starker Kletterer die Routen problemlos nachsteigen und veröffentlichen könnte, hält er sich an den Ehrenkodex der Szene: Ohne das Einverständnis des Erschließers wird eine Route nicht veröffentlicht. Ja, er klettert am "fremden" Fels nicht einmal eine Route, die der Entdecker selbst noch nicht durchklettert hat.
Ich habe darauf, vor allem in Sorge um «meine» Birkhühner, ein Tier, das ich in meinen über zwanzig Jahren als Hirte sehr selten angetroffen habe, mit Mountain Wilderness Kontakt aufgenommen. Ich erinnere mich an eine niederschmetternde, läpische Antwort, welche mir klar machte, dass diesem NGO vermutlich mehrheitlich Klettersportler angehören, welche weder von Birkhühnern respektive Pro-Natura-Menschen noch von Alppersonal gestört werden wollen.
Die ZEIT aus Hamburg dazu, also zum Birkhuhn: Aber die Eitelkeiten der Pioniere sind nicht der einzige Grund, weshalb gewisse Kletterrouten und -gebiete nicht veröffentlicht werden. Die vielen Kletterer, die sich heute in den Alpen tummeln, gefährden die Natur. Sie stören das Wild und verscheuchen seltene Brutvögel.
Das Birkhuhn (Tetrao tetrix) gilt in der Schweiz als potenziell gefährdet. Es steht auf der Roten Liste mit dem Status „NT“ (Near Threatened), was bedeutet, dass es zwar bis jetzt nicht unmittelbar vom Aussterben bedroht ist, aber seine Bestände rückläufig sind und es unter erhöhtem Schutz steht.
Jagd erlaubt: Kantone GL, GR, SG, TI, VD, VS
Ob da, beim Bergstaffel, heute noch Birkhühner leben, weiss ich nicht. Ist auch nicht so wichtig, oder?