Gianfranco Bini: Lassù gli ultimi: la vie des montagnards. – 1972

 

"Dort oben die Letzten" ist ein voluminöser Bildband des Fotografen Gianfranco Bini. Die Bilder zeigen das Leben in einem Bergdorf des Aostatales. Die vier Jahreszeiten sind dokumentiert, beeindruckend der Winter, wo die Menschen zusammen mit ihrem Vieh wohnen. Unvorstellbar wenn wir unsere heutigen, modernen Ställe aus Beton und Metall betrachten. Ich gehe nun gerade soweit, dieses Dasein zu romantisieren, habe ich doch selber die Erinnerung an Maiensässe mit schlechten Hütten, aber warmen Ställen mit angenehmem Stallklima. Gerne würde ich sagen, auf dem Melkstuhl sitzend ein Buch lesend, mit dem Duft des Magerwiesenheus in der Nase, gewärmt durch den Dung der Kühe, sei das ein sehr comfortables Da-Sein, ja ich wage sogar zu sagen, gebt dieser Welt die Benzinmotoren dazu, die den Menschen vom Tragen des Kreuzes erlösen, und sie ist perfekt.

 

Bleiben wir da stehen und warten einen Moment. Ein Halt. Wir müssen nicht niederknien und beten und danken und etwas beschwören.

 

Die Dörfler kommen in den Wohnställen zusammen, die sich in Werkstätten, Kinderkrippen, zugleich auch in Orte der Geselligkeit verwandeln, des Austausches von Neuigkeiten, Wissen. Zoccoli schnitzen, Wolle karden, spinnen, Webstühle (man sagt sie surren). Bini hat diese Welt festgehalten. Die Szenen die seine Bilder festhalten sind einerseits- in der dörflichen Umgebung- lose inszeniert, oft sind die Menschen im Sonntagsstaat - andererseits identisch - wie die Fotos der Hirtenarbeit, mit der Alltagsrealität. Die Hirtenbuben kommen ungewaschen aber stolz daher. Aber für den Alpabzug sind nicht nur die kleinrahmigen Kühe geschmückt, auch die Hose des Hirten hat Bügelfalten.

 

Auf einem weiteren Bild sehen wir den Einfluss asiatischer Wirtschaftsformen, der Batzger trägt die Milch mit Hilfe eines Tragjochs und verdoppelt so die Tragleistung. Ich muss immer wieder drauf hinweisen, wie oft wir inneralpin bis in die heutige Zeit - es beginnt immer dort wo die Strassen enden -noch auf Anleihen afrikanischer, asiatischer oder nomadischer Wirtschaftstechniken treffen.

 

Es ist die Welt der Autarkie, lebbar nur durch traditions- und gemeinschaftsgebundene Arbeits- und Wirtschaftsweise, bedingt durch die Abwesenheit rationaler Arbeitsgänge, mangels Maschinen. Und wie ein französischer Volkskundler 1903 meint:

 "Dort lebt die am meisten der Routine verfallene, dem Fortschritt des Handels und des Verkehrs feindlichste, aber auch die von der Staatsgewalt unabhängiste Bevölkerung."

 

 

Das Buch "Soviet Bus Stops" dokumentiert die Fürsorge  welche die Partei der Bolschewiken dem Volk entgegen gebracht hat. In den unwirtlichen weiten Ebenen am Fusse des Kaukasus, des Urals etc. stehen zum Schutz vor den Sturmwinden für die auf den Bus wartenden Genossen und Genossinen Schutzhäuschen.

Diese Sammlung von Fotografien ist im FUEL-Verlag, London erschienen. Gedruckt in China.

Die Wartehäuschen, alle mit ihrer eigenen Architektur, oft auf die Errungenschaften des Kommunismus hinweisend, Elektrifizierung, Raumfahrt, Mechanisierung der Landwirtschaft, lassen uns doch einen eher warmen Blick auf die Vergangenheit dieses Reiches werfen.

Im gleichen Verlag erschienen sind auch Zeichnungen von Gulag-Häftlingen, welche die brutale Herrschaft der Kriminellen in den Lagern Stalins und der Tscheka, geduldet von den  Lagerleitungen, dokumentieren. Weitere Bände zeigen Tatoos von  Kriminellen. Ein Spektrum von Sovietleben hat dieser Verlag gesammelt und in Bücher gebunden. Dem Leser sehr bittere Gefühle hinterlassend.

Im waldlosen Hochtal Avers, wo ich oft auf das Postauto zu warten hatte um zur Arbeit zu fahren, stand ich schutzlos in Winterstürmen, oft bis zu 20 Minuten. Damals hatte ich die Idee, bei den Behörden Wartehäuschen zu verlangen und zu dieser Zeit stiess  ich zum ersten mal auf die Publikation der "Soviet Bus Stops". Im Gegensatz zu anderen Bergtälern hat das Avers auch heute keine Schutzhäuschen bei den Postautostationen. Das Tal ist 35 Kilometer lang.                                                                                                                                                                                                                                                Wasyl Kurtz

Dort oben die Letzten....... Tre massime della vita per stare tranquilli: Stare sempre davanti ai muli, dietro ai canoni, lontano dalle autorità. Weiter unten, das Buch von Gianfranco Bini.

Gianfranco Bini, Fotograf, Lassù gli ultimi - Bilder


Auch auf deutsch erhältlich bei:

edizioni lassù gli ultimi di Simonetti Giuseppe & C S.a.s.
Località Pouse 1 11020 CHAMPORCHER AO
C.F. & P. IVA 00528550072

DEPOSITO: Via Orfanotrofio 35 13900 BIELLA BI Tel. & Fax 01529747 o 3356783140

email: edizioni@lassugliultimi.it

https://fuel-design.com
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Baukartell-PUK Graubünden
Sommersitz der Redaktion / Lugirien
Baukartell-PUK Graubünden
Redacteur en Chef & de Cuisine: Kurt von Arb

Beste Popliteratur, mit klugen Miniaturen zu Natur, Gesellschaft, Literatur, vor allem immer wieder über das Altern. Kurtz hat so ziemlich alle Berufe ausgeübt, die man sich vorstellen kann. War Bergkehrichtmann, vierfacher Genossenschaftsgründer, Metzger, Bauer, Hotelbetreiber, Koch, um nur einige Beispiele zu nennen, die mir in Erinnerung geblieben sind. Seit Jahren verbringt er mit seinem Hund Tito, einem Widergänger des bekannten Tito, den Sommer als Hirt auf Mutterkuhalmen. Und so dreht sich denn auch einiges um das Auskommen mit Tito. Nach einem so klugen Hirten wird man suchen müssen. Kurtz zählt für mich zu jenen immer selteneren Menschen, die nicht nur über eine Ausbildung, sondern über Bildung verfügen. An Popliteratur denke ich deshalb, weil banale Sprachabfälle, Werbetexte, Produktaufschriften etc. seine Texte durchziehen. Autoren wie Vladimir Kurtz fallen durch alle Raster. Zu alt. Zu eigenwillig. Zu viel Selbstironie, die manchmal ganz schön bitter sein kann.                                                     (Bernhard Kathan, Hidden Museum)